Daniel Schmid Dipl. Arch. ETH Architekturbüro Tübingen

Neubau Wohnhaus Salzstadelgasse 7, Tübingen 1999

Bauherrschaft:
privat

Architekt:
Daniel Schmid  Dipl. Arch. ETH, Freier Architekt, Salzstadelgasse 7, 72070 Tübingen

Tragwerksplanung:
Georg Keller + Co. Ingenieurgesellschaft mbH, Henriettenweg 8, 72072 Tübingen, www.ibkeller.com

Das Haus befindet sich in der Tübinger Unterstadt, dem ehedem ärmeren und einfacheren Teil der Altstadt der Bauern und Weingärtner auf einem Grundstück von nur 68m². Die Bebauung in diesem Teil der Stadt wird durch die Stadtbildsatzung geregelt.

Der Neubau nimmt mit Lochfassaden und Satteldach die Typologie seiner Umgebung auf, ebenso wie seine Bescheidenheit, und ordnet sich respektvoll und zurückhaltend ein. Durch zeitgemäße Interpretation traditioneller Bauweisen und Bauformen entsteht aber ein ganz eigenständiges, präzise proportioniertes und modernes Gebäude. Plakative Stilmittel traditioneller wie moderner Art werden bewusst vermieden.

Sehr große Wichtigkeit kommt dadurch präziser Proportionierung und Detaillierung zu. Die Aufteilung und Gliederung der Fassaden ist sehr streng, durch Unterschiede in den Proportionen der Fenster werden Sockelgeschoss, Obergeschosse und Dachgeschoss artikuliert. Die Fenster sind schlicht, aber in ihrem Verhältnis zur Wandfläche differenziert durchgearbeitet: Sie werden durch quadratische Leibunghölzer gerahmt, die genau um die Stärke des Putzes hinter diesen zurückstehen, auf der Innenseite entstehen tiefe Fensterräume, die den Innenraum mit abgeschrägten Laibungen und dicken Eichenfensterbänken mit dem Außenraum in Beziehung setzen. Die Fenster sind verhältnismäßig groß, insbesondere auf der Vorderseite zur Salzstadelgasse hin, wo die Brüstungen nur etwa 40 cm hoch sind.

Die Farbgebung ist zurückhaltend und betont das Verhältnis von Volumen und Fläche: Die Putzflächen sind in einem kühlen Hellgrau gehalten, die Klappläden etwas dunkler, Fenster und andere Holzteile weiß.

Das Innere des Hauses entwickelt sich vorwiegend in der Vertikalen. So werden auch die Grundrisse in erster Linie durch das Treppenhaus strukturiert. Dieses öffnet sich nach oben hin immer mehr, bis es in der Dachterrasse abgeschlossen wird. Das Treppenhaus ist in den unteren beiden Geschossen mit Wandschränken ausgestattet, um die anderen Räume von Möblierung freier halten zu können.

Im Erdgeschoss schließen sich an den Eingangsbereich ein Arbeitszimmer, das Treppenhaus und die Garage an, im ersten Stock befinden sich die Schlafzimmer und das Bad. Der Wohnbereich mit offener Küche, Speisekammer und WC füllt das zweite Obergeschoss und den Dachraum vollständig aus: So zeigt sich im Inneren in der Negativform die Grundform, das Grundkonzept des traditionellen Hauses mit Giebelwänden, Seitenwänden und Dach noch einmal, im Dialog dazu entsteht ein offenes und modernes Raumgefüge. Eine Wendeltreppe führt auf die Galerie, Wohnbereich und Galerie öffnen sich über eine Verglasung nach Süden zur Dachterrasse hin, die geschützt zu dem ein Stockwerk höheren Nachbarhaus orientiert ist. Durch die zahlreichen großen Fenster ist das Haus trotz seiner Lage an der Nordostecke des Häuserblocks sehr hell.

Die Detaillierung und die Auswahl der Materialien sind auch im Inneren bewusst schlicht gehalten. Auch durch diese Zurückhaltung erhalten die gezwungenermaßen nicht sehr großen Räume eine große Leichtigkeit, Offenheit und Klarheit. Sie sind unterschiedlich zu möblieren und unterschiedlich zu bewohnen: Die Wände aus Leichtbetonsteinen sind auch innen nur verputzt, die Decken und die Treppen sind aus Stahlbeton, die Fenster sind aus Holz mit Zweifachisolierverglasung, als Fußbodenbeläge wurden Eichenparkett und durchweg die gleichen Fliesen verlegt, die Treppengeländer und die Wendeltreppe sind aus Stahl. Alle Materialien sind ökologisch und gesundheitlich einwandfrei, das Haus erreicht Niedrigenergiehausstandard nach WSVO 95.  Die Wohnfläche des Hauses beträgt 120m².

Auszeichnung

Im Wettbewerb "Beispielhaftes Bauen im Landkreis Tübingen 1995 - 2001" der Architektenkammer Baden-Württemberg wurde das Haus 2001 ausgezeichnet.

Beurteilung durch die Jury:
Ein sympathisches kleines Einfamilienhaus in der Salzstadelgasse am Ende einer Gebäudezeile der Tübinger Altstadt. Es nimmt mit seinen Lochfassaden und dem steilen Satteldach typische Elemente aus seiner Umgebung auf. Ohne sich anzubiedern entsteht mit angemessenen und modernen Mitteln ein eigenständiges und wohl proportioniertes Gebäude, das angenehm auffällt. Der konsequenten Haltung der Fassade entsprechen die Grundrisse, die zum Nachbargebäude hin in den oberen beiden Dachgeschossen im Gegensatz zur eher geschlossenen Gebäudehülle sehr offen ausgebildet sind. Sie erhalten zusätzliches Licht von den über dem Treppenhaus liegenden Fenstern zur Dachterrasse.

Insgesamt ein beispielhafter Beitrag für das Einfügen eines Wohngebäudes in eine historische Umgebung.

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